Es gibt Wörter, die finde ich einfach putzig. Eines dieser Wörter ist „Zipfel“ – obgleich der Zipfel in wenig putzigen Kombinationen vorkommt. Wurstzipfel zum Beispiel sind bestenfalls lecker. Und die auch als „Warzenkäfer“ bekannten Zipfelkäfer sind nicht einmal das. Selbst der Bierzipfel schmeckt nicht. Er bezeichnet nämlich ein Bändchen, das von farbentragenden Verbindungsstudenten getragen wird. Und Burschenschaften und Studentenverbindungen finde ich persönlich im 21. Jahrhundert zu nichts nutzig und gar nicht putzig.
Aber für mich klingt der Zipfel nun einmal niedlich. Und deshalb freue ich mich über einige zipflige Neuzugänge in meiner Wortschatz-Kiste. Da ist kürzlich nämlich der Zipfelbund mit ganz vielen Wortgefährten eingezogen. Und das kam so:
Unlängst las ich von einem Städtchen namens Selfkant und hielt das anfangs für eine frei erfundenen Ortsnamen. Weit gefehlt: Selfkant hält jedem Faktencheck stand und ist einer von den vier Ortszipfeln in Deutschland, die jeweils am weitesten in einer der Himmelsrichtungen liegen. Selfkant ist der West-Ausleger, List, Görlitz und Oberstdorf komplettieren das Zipfelquartett im Norden, Osten und Süden. Es gibt eine eigene Website über den Zipfelbund, auf der kann man im Zipfelblog nachlesen, was es zum Beispiel mit dem Zipfelpass und dem Zipfelpreis so auf sich hat. Und einen Zipfelstand gibt es auch. An dem präsentieren sich die vier deutschen Zipfelstädte jedes Jahr bei den Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit und demonstrieren seit nunmehr 35 Jahren wie so ein Zipfelbund fürs Leben funktioniert. Wenn Goethe das gewusst hätte, dann hätte er ganz sicher anders gedichtet:
Über allen Zipfeln
Ist Ruh‘,
In allen Zipfeln
Spürest Du
ein bindend Gefühl.
So weit seid ihr entfernt,
vom selben Himmel besternt.
Der Bund bedeutet Euch viel.