Erwähnte ich an dieser Stelle schon einmal, dass ich eine große Bücherfreundin bin? Nein? Na gut. Dann jetzt. Also, ich mag Bücher und zwar nicht nur Bilderbücher, ergo: Ich lese gerne. Ich lese auch sehr gerne vor. Und ich lasse mir gerne vorlesen. Ich lese also nicht nur mit den Augen, sondern auch mit den Ohren. Einige Jahre war ich sogar Mitglied in einem Lesezirkel, in dem wir gelesen, vorgelesen und über das Gelesene und Vorgelesene gesprochen haben.
Kurz: Ich mag viele Varianten des Lesens. Jetzt habe ich eine weitere kennengelernt. Mir flatterte ein Flyer ins Haus, der zum „Shared Reading“ einlud. Ah, dachte ich neunmalklug: Share Economy. Da wirbt jemand für einen öffentlichen Bücherschrank oder einen Bücherbasar oder was auch immer es an sinnvollen Mehrverwertungsmöglichkeiten in Sachen Buch so gibt.
Doch weit gefehlt. Der Flyer lud mich zu einer Vorlesestunde bei einer Shared Reading Facilitator, einer zertifizierten Leseanleiterin, ein.
??? Hä?
Google ist in solchen Fällen schnell und verlässlich. Und schau einer an. Shared Reading ist nicht nur eine registrierte Trade Mark, wie mir die gleichnamige Website verriet, sondern eine literaturbasierte Intervention.
??? Noch einmal: Hä?
Daran scheiterte sogar Google. Beziehungsweise: Google verwies mich wieder auf die Shared Reading-Seite. Ein klassischer Fall von der Katze, die sich in den Schwanz … naja, Sie wissen schon. Auf jeden Fall gehört es wohl zur literaturbasierten Intervention, dass sich – ich zitiere von der Website – mit „Shared Reading unsere Stimmung hebt, wir bereichert werden und neue Energie schöpfen.“
So ähnlich hätte ich meine Lust am Lesen und Vorlesen und Vorgelesenbekommen vermutlich auch beschrieben. Obwohl ich kein Shared Reading Facilitator und Leseanleiter bin und bestimmt nicht werde. Um dieses Zertifikat zu bekommen, müsste ich nämlich eine dreitägige Fortbildung absolvieren und 1.150 Euro berappen.
Bei aller Liebe zum Buch: Das werde ich nicht tun. Wenn es jemand möchte, lese ich einfach vor. Und danach können wir über das Gelesene gerne sprechen, unsere Stimmung (und ein Glas Wein) heben, uns bereichern und neue Energie schöpfen. Ich bin sicher: Das geht auch ohne Zertifikat.